Dieses Thema lässt mich schon länger nicht los. Zusätzlich erreichte mich erst neulich der Newsletter einer Autorin, die ich sehr bewundere. Ihre Hoffnungen eines erfolgreichen Buchlaunches blieben aus. Sie saß auf etlichen teuer produzierten, wunderschönen Schmuckausgaben, deren Preis sie vermutlich nur wieder reinholen würde, wenn sie das Werk verramschte. Möglicherweise bin ich hier auch einfach nur negativem Marketing zum Opfer gefallen, dennoch hat mich diese E-Mail über die Preisgestaltung von Büchern nachdenken lassen. Vor allem über die eine Frage: Warum sind Bücher so verflixt teuer geworden? Und wieso sind E-Books auch davon betroffen?
Um das Thema eingehender zu beleuchten kommen wir nicht umhin, einmal alle notwendigen Posten aufzulisten, die ein Buch braucht, bis es gedruckt ist. Als Beispiel nehmen wir ein gängiges Taschenbuch mit zweihundert Seiten. Das sind etwa fünfzigtausend Wörter und circa 240 Normseiten. Die Normseiten sind für die Berechnung unterschiedlicher Dienstleistungen wichtig. Also merken wir uns diese Zahl.
Welche Kosten fallen im Entstehungsprozess des Buches an?
- (Zeit für das Schreiben – ich setze den Punkt in Klammern, weil ich wirklich keine Ahnung habe, ob es Autoren gibt, die ihre Arbeitszeit in Stunden am Ende des Jahres als angemessen bezahlt betrachten)
- Lektorat: Die Mindestpreise liegen aktuell bei 3,50 pro Normseite, der Durchschnitt liegt bei 5 bis 6 Euro. Das macht bei einer Rohfassung von 240 Normseiten also mindestens 840 Euro.
- Korrektorat: Hier liegt der günstigste Preis bei 1 Euro pro Normseite. Es kommen im obigen Beispiel also noch einmal mindestens 240 dazu.
- Buchsatz: Der Preis für den Buchsatz variiert je nach Anbieter von 3 bis 12 Euro pro Normseite. Wenn wir hier wieder den günstigsten Preis für die Kalkulation nehmen ergeben sich für obiges Beispiel zusätzliche 720 Euro.
- Buchcover: Buchcover sollten mindestens um die zweihundert Euro kosten. Meistens ist der Preis jedoch deutlich höher.
- Printkosten pro Auflage: Das günstigste Angebot liegt bei 2 Euro pro Buch. Allerdings gilt das günstige Angebot nur bei einer hohen Printauflage, ein einzelnes Buch kostet im Print meist acht bis zehn Euro. Also schätzen wir mal, dass wir 500 Bücher zu je 2€ (keine Gewähr für diese Angabe) drucken lassen, und haben noch einmal 1000€ ausgegeben.
Ein gedruckter Roman mit Fünfzig- bis sechzigtausend Wörtern (denn nach dem Lektorat werden Bücher oft ein wenig länger) kostet bereits etwa 3000 Euro. Die Kosten für das Schreiben und Überarbeiten sind nicht in der Kalkulation enthalten.
So, nun haben wir mindestens 500 Ausgaben unseres Romans gedruckt. Die müssen jetzt an den Leser gebracht werden.
Wie viel Geld kostet ein Buch im Marketing?
- Grafiken für Social Media und Merch-Artikel: Dreißig Euro für die grafische Erstellung eines einfachen Lesezeichens, Flyers oder Socialmedia-Templates bis hin zu dreistelligen Beträgen für das bedruckte Produkt in ausreichender Stückzahl.
- Illustrationen für Charakterkarten: Der Preis sollte hier nicht unter hundert Euro liegen.
- Präsenz auf Messen (Standgebühr, Unterkunft, Verpflegung): Diese Preise sind schwer in eine solche Kalkulation einzubeziehen, da die Gebühren gravierend unterschiedlich ausfallen. Aber ich denke, es lässt sich sagen, von hundert Euro bis in fünfstellige Höhen gibt es hier viele Möglichkeiten.
- Kosten für Marketingkurse oder Beratungsgespräche: Auch hier ist die Bandbreite groß. Fünfzig Euro für ein einfaches kurzes Beratungsgespräch bis eintausendfünfhundert Euro für einen detaillierten Blogkurs sind denkbar.
Auch hier folgen wir der Kalkulation mit den Mindestwerten und legen nur etwa fünfhundert Euro, für ein paar Lesezeichen und andere Goodies und, auf den Entstehungspreis des Romans. Dreitausendfünfhundert Euro.
An dieser Stelle der Kalkulation ist eine große Bandbreite möglich. Bekanntere Autoren und Verlage, die schon lange im Geschäft sind, werden hier vermutlich bereits bei einem fünfstelligen Betrag liegen.
Wenn der Roman noch in die Buchhandlungen kommen soll, werden noch weitere Distributoren beteiligt sein und es werden auch Lagerkosten anfallen. Da ich diesen Weg noch nie gegangen bin und mich damit nicht auskenne, erwähne ich diesen Punkt nur.
Welche dauerhaften Kosten verursacht die Produktion eines Buches?
- Websitehosting: Um die zehn Euro.
- Software: Müssen neue Programme erworben werden oder sind Abomodelle gebucht worden, für z. B. die Nutzung von Grafik- oder Planungssoftware?
- Hardware: so banal es auch klingen mag, aber ohne Computer entstehen heutzutage keine Bücher mehr. Der Computer und eventuelle Back-up-Speicher-Geräte (oder Clouds) müssen funktionstüchtig sein und bleiben.
- Officekosten
- Manpower (in Verlagen)
- Und andere Dinge wie z. B.: Bondrucker für Messen, Tapeziertische, Drehregale etc. oder Möbel für das Home-Office, Büro- und Verpackungsmaterial…
Ich habe diese Aufstellung jetzt ohne Unterteilung in Selfpublishing und Verlagsveröffentlichungen vorgenommen, weil die Kosten ohnehin anfallen. Verlage müssen dies alles natürlich auch bezahlen, nur haben sie meist Personal für all diese Posten. Aber auch Personal wird am Ende des Monats bezahlt und das Geld muss fließen.
Nun ist es so, dass nicht immer alle oben genannten Posten in Anspruch genommen werden. Einige Selfpublisher sind auch im Grafikdesign versiert, andere können ihre Korrektorate allein machen und wieder andere veröffentlichen nur E-Books.
Doch im Grunde kann man sagen, wenigstens zwei- bis viertausend Euro werden pro Buch schon anfallen.
Welche weiteren Überlegungen fließen in die Preisgestaltung eines Buches?
Das persönliche Gefühl für Preise wird sich auf die Gestaltung eines Buchpreises auswirken. Außerdem muss man den Wirkungsaspekt eines Preises berücksichtigen: Wird ein E-Book für weniger als einen Euro angeboten, spiegelt es in keiner Weise den Aufwand wieder, den es braucht einen Roman überhaupt fertigzustellen. Preise unter einem Euro vermitteln das Gefühl, das Produkt sei nicht wirklich ernst zu nehmen. Außerdem lässt dieser Preis kaum Raum nach unten offen. Sollte sich jeweils das Bedürfnis nach einem günstigen Angebot für eine Marketingaktion melden, ist da kein Spielraum mehr, es sei denn, man will das Buch verschenken.
Und: Bücher haben immer eine spezielle Zielgruppe. Welche Preiskategorie ist für die Zielgruppe normal? Ab wann wird es zu teuer?
Und wenn man sehr günstig anbietet: Will man, dass wirklich jeder dieses Buch mitnimmt? Oft liegen diese sehr günstig erworbenen Bücher ungelesen herum. Sie werden zu Subleichen, digital oder analog. Oder es zieht genrefremdes Publikum an, das nach der Literatur empört über das ungewohnte Genre ist, und riskiert damit schlechte Rezensionen.
Die Preisunterschiede im Printverfahren
Hiermit meine ich nicht nur die unterschiedlichen Angebote je Anbieter oder die vielfältigen Auswahlmöglichkeiten für einen Buchprint. Es gibt erhebliche Unterschiede in den Printverfahren. Relevant sind jeweils die, die die Zielgruppe ansprechen. Soll der Roman für erwachsene Männer im gehobenen Alter sein, wird kein enorm anspruchsvolles Printverfahren notwendig sein. Wenn jedoch die Zielgruppe romantasybegeisterte junge erwachsene Frauen sind, ist es kaum noch möglich, ohne eine Schmuckausgabe auszukommen. Das bedeutet, es wird eine Hardcoverausgabe benötigt, die im Idealfall noch ein Lesezeichen hat und Prägung (Spezialdruck) und Glitzer (Spezialdruck!) und Overlays (dreimal darfst du raten! Ja, genau: Spezialdruck!). Nicht zu vergessen: In einer Schmuckausgabe erhält der Schnitt des Buches einen separaten Druck, den sogenannten Farbschnitt, für den es spezielle Maschinen braucht. So kommen also Buchpreise jenseits der fünfundzwanzig Euro zusammen.
Nicht zu vergessen, die Buchpreisbindung
Die Buchpreisbindung ist gesetzlich geregelt und soll einen festen einheitlichen Preis für Bücher garantieren. Der Zweck dieser Regelung ist der Erhalt von Büchern als Kulturgut. Um diesen Erhalt zu ermöglichen, braucht der Buchmarkt eine große Menge und auch eine große Vielfalt an Büchern. Wichtig für den Absatz dieser ganzen Bücher sind in diesem Vorhaben Buchhandlungen. Um Buchhandlungen zu erhalten schafft die Buchpreisbindung eine faire Basis für den Verkauf von Büchern. Es ist Chancengleichheit unter Buchverkäufern und unter Büchern. Nach Ablauf einer Frist kann der Preis aufgehoben werden, um das Buch zu Sonderpreisen anzubieten.
Diese Vorgehensweise verhindert, dass der Buchmarkt sich auf Mainstream-Titel reduziert.
Es ist also völlig logisch und nachvollziehbar, wie Buchpreise ab fünfundzwanzig Euro aufwärts entstehen. Denn wenn ein Buch in der Produktion bereits fünfzehn Euro gekostet hat, muss ja noch die Gewinnmarge für den Autor drauf. Oft ist der Buchpreis erst nach dem Verkauf der gesamten ersten Auflage wieder drin und der Verdienst am fertigen Roman beginnt erst mit der zweiten Auflage. Oft, natürlich nicht immer. Und fraglich ist immer: Verkauft sich auch mehr als eine Auflage?
Und warum sind jetzt E-Books teilweise unheimlich teuer?
Da E-Books in der Produktion durch den wegfallenden Printaufwand günstiger sind, ergibt sich bei Ihnen bereits eine lukrative Marge bei einem viel niedrigerem Preis. Dadurch waren Preise zwischen zwei und fünf Euro pro E-Book lange Zeit völlig normal.
Nun verhält es sich so, dass man einen guten Absatz eines Printbuches nie genau vorhersehen kann. Wenn ein Printbuch zu hohen Preisen produziert und in einer großen Auflage gedruckt wird, ist es dann für den Verlag sinnvoll, das E-Book für den halben Preis oder sogar noch günstiger anzubieten? Nein, denn die Entstehungskosten müssen ja wieder reingeholt werden.
Für Selfpublisher lohnen sich hier auch niedrige Angebote. Verlage sind jedoch in vielen Fällen dazu übergegangen, nur geringe Preisunterschiede zwischen E-Book und Printausgabe zu gewähren. Und so landen wir also bei E-Book-Preisen um die zwanzig Euro.
Unerwartete Entwicklungen
In den vergangenen Jahren ist die Wirtschaft weltweit von unterschiedlichen Entwicklungen betroffen gewesen. Während der Pandemie stiegen die Preise für Holz und Papier, was sich in steigenden Kosten für Printausgaben niederschlug, darauf folgten steigende Energiekosten. All diese Entwicklungen sind nicht planbar, müssen aber in den Preis des endgültigen Produktes mit einbezogen werden.
Fazit: Die Preisgestaltung ist ein sensibler Balance-Akt, in den viele Überlegungen und Posten einbezogen werden müssen. Auch wenn ein hoher Preis mitunter irritiert, ist er meist berechtigt.
Ich habe das Gefühl, das mein Artikel recht negativ rüberkommt. Das sollte er gar nicht. Ich finde Bücher ästhetisch. Und ich habe selber die ein oder andere Schmuckausgabe mit Farbschnitt hier. Ich finde sie sehr sehr schön. Es gibt mir das Gefühl, dem Lesen genau mit jener Würdigung zu begegnen, die es haben sollte. Es ist luxuriös. Und das fühlt sich schön an. Aber ich kaufe Bücher nicht wegen der Farbschnitte, ich mochte sie auch vorher schon sehr gern.
Hast du auch Überlegungen zu dem Thema? Lass mich deine Meinung in den Kommentaren wissen!
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